Ich sah dich wieder, nach langen Tagen.

»Wenn einer eine Blume liebt, die es nur ein einziges Mal gibt auf allen Millionen und Millionen Sternen, dann genügt es ihm völlig, daß er zu ihnen hinaufschaut, um glücklich zu sein. Er sagt sich: Meine Blume ist da oben, irgendwo...«
Der kleine Prinz von Antoine de Saint-Exupéry
Nun wusste ich all die Tage, dass du irgendwo bist. Nicht weit entfernt von mir, nur wenige Kilometer. Keine Entfernung für Menschen, denen etwas wichtig ist. Aber doch war ich allein. Und ich habe oft hinübergeschaut, ich war oft dort, wo ich mich in deiner Nähe wähnte.
Doch wo deine Nähe mich froh machte, war ohne dich Nichts. Mein einziger Anhaltspunkt, meine einzige Verbindung zu dir war eine Halle. Und wie oft war ich an dieser Halle, in der Hoffnung, dieses Glück wieder zu finden. Ich habe davon geträumt. Und dann, nach all den Wochen, war ich wieder da. Kaum noch hoffend, aber nun war der Sommer vorüber. Ich hatte gekämpft diesen Sommer, ich hatte gearbeitet und Erkenntnis gesucht, ich war ein unbekehrter Faust. Aber ich träumte, auch wenn es mir nicht genügte, zu wissen dass du da bist, irgendwo. Ich wollte dich sehen. Und so brach ich auf, am Höhepunkt meiner faustischen Existenz, genauso gescheitert, genauso leer.
Hoffnung war stets da, ich wusste, du bist irgendwo. Nur finden musste ich dich.
Und was ich suchte war, nein, ist Leben. Du bist Leben für mich, und ich will Leben für dich sein. Zu erkennen, dass wir nicht alles erkennen können ist ein Schritt. Dahinter das Leben finden und voll zu leben ist schwer. Aber um deinetwillen will ich all meine Kraft daran setzen, denn ohne Liebe kann kein Leben Leben sein. Ohne Liebe ist es leer, gleich mechanischer Existenz.
Allein durch Liebe findet der Mensch zu sich, und du bist es, die mir meinen Nihilismus nimmt und mich sagen lässt: Ich will leben und lieben!
Nun ging ich in letzter sommerlicher Wärme den Weg, den ich nun schon so oft gegangen bin. Mit geschlossenen Augen könnte ich ihn bald gehen. Ich kenne die Bäume, all das, und an diesem Tag sollte der letzte Ausklang des Sommers zu einem Frühling werden, der strahlender und grüner nicht sein könnte.
Ein üblicher, vorsichtiger Blick, Menschen in weiß, und ein Hauch dazwischen nur für Augenblicke. Sollte ich heute so glücklich sein? Mein Herz, erfreut schlagend, mein Blick aufgesogen und nun sah ich, du bist da.
Mit freudigem Schritt wagte ich mich weiter als je zuvor, und ich weiß nicht ob du mich gesehen hast, wie ich zu dir blickte; du konntest mich kaum sehen - was wirst du wissen, ob ich da war. Nun in der Nähe war mir doch auch wieder beklommen. Hat so ein Augenblick der Erkennens nicht Würde und Zeit zu verlangen? Ich zauderte und verließ dich, gewiss dich wieder zu finden. Nun will ich in wenigen Tagen bei dir sein, dich wieder sehen. Ich will dir in die Augen blicken und hoffe darin Erkennen zu sehen, weiß ich doch nicht, ob du mich so im Gedächtnis behalten hast, wie ich dich.
Ich werde in diesem Moment ein glücklicher, ein erfreuter und schrecklich verwirrter, aufgeregter Mensch sein, und da hoffe ich mit wenigen, primitiv gewählten Worte, aber ehrlichem, sicherem Ton, offener Miene, frohem Blick all dies zum Ausdruck bringen zu können. Ich werde dich wieder sehen, und diesmal werde ich offen sein. Ich sah dich wieder, nach langen Tagen, und nun will ich dich so oft sehen, das mein Herz so oft freudig springe, und dass wir glücklich seien. Denn wo ich hoffe, hoffe ich doch nicht nur für mich, denn einem einzigartigen Mensch will ich einzigartiges Schenken.
Das ist mein Ziel. Nimmst du es an, hast du mir bereits so unendlich viel mehr gegeben. Wenn nicht, so kann ich stark weiter schreiten im Leben, gewiss meine Seele nicht verraten zu haben.
Valec - 1. Okt, 22:38